hochverarbeitete Lebensmittel
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Hochverarbeitete Lebensmittel und Zusatzstoffe im Essen

Kann das gesund sein?
hochverarbeitete Lebensmittel
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  • Ernährung

Meldung vom: | Verfasser/in: Viktoria v. Kalm

Hochverarbeitete Lebensmittel und Zusatzstoffe im Essen – kann das gesund sein?

Dass zu viel Fast-Food, Tiefkühlpizza und Süßkram ungesund sind, wird häufig bereits im Kindesalter gelernt. Doch schaut man in die Supermarktregale, die Werbung im Fernsehen oder auf Social Media, könnte man den Eindruck gewinnen – so schlimm ist es ja gar nicht, sondern führt vielmehr zu Entspannung, Genussmomenten oder auch zu Geselligkeit im Alltag. Dass dem eigenen Körper damit allerdings viel eher geschadet wird, das wird dabei gerne verdrängt. In den letzten zwei Jahrzehnten hat die Verfügbarkeit und auch der Konsum von den sog. hochverarbeiteten Lebensmitteln drastisch zugenommen. Hochverarbeitete Lebensmittel zeichnen sich durch eine geringe Nährwertqualität bei hoher Energiedichte (kcal-Dichte) aus und enthalten selten noch Inhaltsstoffe von einem „intakten Lebensmittel“, dagegen große Mengen an Zusatzstoffen, die dafür sorgen, dass das Lebensmittel haltbar oder verzehrfertig, extrem schmackhaft und möglichst günstig ist.

Klassifikation von Lebensmitteln nach der sog. NOVA food classification

Mit der NOVA food classification können Lebensmittel in verschiedene Gruppen eingeteilt werden. Hierbei wird zwischen vier verschiedenen Gruppen unterschieden. Gruppe 1 beinhaltet unverarbeitete oder minimal verarbeitete Lebensmittel, wie frisches, gepresstes, gekühltes, gefrorenes oder getrocknetes Obst und Gemüse, Körner, Hülsenfrüchte etc., aber auch Fisch, Fleisch, Meeresfrüchte, Eier, Milch und Säfte ohne Zusatzstoffe und steht für die gesündeste Kategorie.

Die zweite Gruppe besteht aus verarbeiteten kulinarischen Zutaten, die direkt aus Lebensmitteln der Gruppe 1 durch Verfahren wie Pressen, Raffinieren oder Mahlen gewonnen werden. Dazu gehören bspw. Öl, Salz, Zucker und Mehl.

Die dritte Gruppe steht für verarbeitete Lebensmittel. Hierzu zählen Lebensmittel, bei denen zu den Lebensmitteln aus Gruppe 1 Zucker, Öl oder Salz hinzugefügt wird sowie Lebensmittel, bei denen durch Konservierungs- Koch- oder Backmethoden (oder auch im Falle von Brot und Käse alkoholfreier Gärung) die Haltbarkeit der Lebensmittel verlängert oder der Geschmack verändert wird. Die Zutatenliste ist bei diesen verarbeiteten Lebensmitteln recht kurz.

Dagegen enthalten die Lebensmittel aus Gruppe 4, die hochverarbeiteten Lebensmittel, eine ganze Reihe von Zutaten sowie vielen Zusatzstoffen, deren Zweck es ist, die geschmacklichen Eigenschaften von Lebensmitteln aus der Gruppe 1 und 2 zu imitieren oder sogar unerwünschte Eigenschaften des Endprodukts zu verschleiern. Dazu zählen süße oder salzige verpackte Snacks, Speiseeis, Schokolade, Süßwaren, Margarine, Kekse, Gebäck, Kuchenmischungen, Fruchtjoghurts, Energydrinks, vorgefertigte Nudelgerichte, Tiefkühlpizzen, pulverisierte und verpackte Instant-Suppen und vieles mehr. 

Auch wenn die Nova-Klassifizierung einen guten Überblick gibt, sollte beachtet werden, dass es dennoch nicht zwangsläufig immer einen direkten Zusammenhang zwischen der Anzahl der Zutaten oder Verarbeitung mit der Einordnung eines Lebensmittels als gesund oder ungesund geben muss. (Bsp. 100% dunkle Schokolade beinhaltet mehr Verarbeitungsschritte in einer Fabrik, als der zu Hause hergestellte Kuchen mit viel Zucker und trotzdem hat die dunkle Schokolade mehr gesundheitliche Vorteile.) In den meisten Fällen hilft die Nova-Klassifizierung jedoch bei der Einordnung eines Lebensmittels und wurde bereits in verschiedenen Studien als Instrument genutzt.

Ein Risiko für die Gesundheit der Gesellschaft

Allein zwischen 1990 und 2010 hat sich der Verzehr von hochverarbeiteten Lebensmitteln fast verdreifacht (von 11% auf 32% der täglichen Energieaufnahme). Der häufig hohe Gehalt an minderwertigem Fett, zugesetztem Zucker und Salz sowie die geringe Vitamindichte und der niedrige Ballaststoffgehalt wirken dabei nicht nur direkt negativ auf die Gesundheit der Verbraucher/innen, sondern auch indirekt, indem durch den Konsum der hochverarbeiteten Lebensmittel unverarbeitete frische und vitaminreiche Lebensmittel weniger bis kaum verzehrt werden. Verschiedene Studien belegen außerdem, dass diese Ernährungsgewohnheiten Risikofaktoren für die kardiometabolische Gesundheit darstellen, und bspw. zu Diabetes Typ 2, Schlaganfällen und Herzerkrankungen führen können – welche aktuell zu den weltweit häufigsten Todesursachen gehören.

Regulierung von Zusatzstoffen in Deutschland und der EU

Auch wenn besonders die hochverarbeiteten Lebensmittel viele Zusatzstoffe enthalten, so gibt es eine gewisse Regulierung der zugelassenen Mengen in der EU und auch den einzelnen Ländern. Nach Artikel 6 der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 dürfen Lebensmittelzusatzstoffe unter folgenden Bedingungen zugelassen werden:

  • wenn eine hinreichende technische Notwendigkeit besteht und andere wirtschaftlich und technisch praktikable Methoden nicht zur Verfügung stehen; 
  • die Lebensmittelzusatzstoffe bei der vorgeschlagenen Dosis für die Verbraucher/innen gesundheitlich unbedenklich sind, soweit die verfügbaren wissenschaftlichen Daten ein Urteil hierüber erlauben;
  • die Verbraucher/innen durch ihre Verwendung nicht irregeführt werden.

Die in Deutschland und der EU zulässigen Zusatzstoffe werden durch internationale und z.T. auch verschiedene nationale Fachgremien gesundheitlich bewertet. Dabei werden die Zusatzstoffe im Hinblick auf ihre gesundheitliche Unbedenklichkeit geprüft sowie auf die jeweils täglich akzeptable Aufnahmemenge für einen Menschen, ohne dass (auch langfristig) unerwünschte Wirkungen auftreten, getestet.

Wirkung von Fett & Zucker auf das Gehirn und das „Belohnungssystem“

Doch nicht nur künstliche Zusatzstoffe führen zu einem fraglichen gesundheitlichen Benefit der hochverarbeiteten Lebensmittel – auch die Wirkung von hoch konzentrierten Mengen an Fett und Zucker wird immer konkreter untersucht. In neuen Studien wurde herausgefunden, dass der regelmäßige Konsum von stark fett- und zuckerhaltigen Lebensmitteln langfristig ein Suchtverhalten auslösen kann. Das liegt daran, dass während wir etwas Fettiges oder Süßes essen, unterschwellig Signale über den Vagusnerv (Parasympathikus) an das zentrale Nervensystem weitergeleitet werden. Diese Signale aktivieren das Belohnungszentrum im Gehirn und führen zu einem guten Gefühl sowie dem Verlangen nach mehr. Außerdem wurde herausgefunden, dass es zu einer Gewöhnung an zucker- und fetthaltige Lebensmittel kommt, die sogar im Gehirn (durch MRT) nachweisbar ist. Dabei reagiert das Belohnungssystem (nach einer Gewöhnung auf Zucker und Fett) besonders auf diese beiden Komponenten. Es findet gewissermaßen eine „Umprogrammierung“ bzw. „Neuverdrahtung“ im Gehirn statt, die ein starkes Verlangen nach Fett und Zucker (eine Kombination, die es von Natur aus nicht in natürlichen Lebensmitteln gibt) auslöst, was wiederum langfristig Stoffwechselerkrankungen und Übergewicht begünstigen kann.

Wird der Körper hingegen über einen längeren Zeitraum mit weniger fett- und zuckerhaltigen Lebensmitteln versorgt, kann diese „Umprogrammierung“ im Gehirn auch wieder rückgängig gemacht werden. Diese werden allerdings nach einer längeren Zeit der Aufnahme von fett- und zuckerhaltiger Kost zu Beginn als nicht besonders gut schmeckend wahrgenommen – hier heißt es wohl einfach: Dranbleiben.

Fazit

Insbesondere in der heutigen Zeit, die für viele durch einen eng getakteten Alltag geprägt ist, stellt das regelmäßige frische Kochen einen zusätzlichen Aufwand dar, der auch vonseiten der Lebensmittelindustrie, durch den Überfluss an Fertigprodukten und ihrer Bewerbung nicht unbedingt gefördert wird.

Doch auch wenn diverse Zusatzstoffe zugelassen und die hochverarbeiteten Lebensmittel sicher manchmal praktisch oder auch einfach lecker sind, sollte ein Bewusstsein dafür entwickelt werden, dass sie aus gesundheitlicher Perspektive für den eigenen Körper nur von geringem Nutzen sind.

Auf der SGM-Website gibt es eine Reihe von einfachen, leckeren und gesunden Rezepten, die hier als Inspiration dienen können, doch einmal wieder selbst den Kochlöffel zu schwingen. In unserem Blogbeitrag zum Thema “Meal Prepping”  findet ihr weitere  Tipps, die das Kochen und Vorbereiten von Mahlzeiten erleichtern, ohne täglich für mehrere Stunden in der Küche zu stehen.

 

Quellen:

  • Association between consumption of ultra-processed foods and all cause mortality: SUN prospective cohort study, in: BMJ (2019) Miguel A Martínez-González et.al.  https://www.bmj.com/content/365/bmj.l1949Externer Link
  • Food classification. Public health NOVA, in: World Nutrition Volume 7, Nr. 1-3 (2016) Carlos A. Monteiro et.al.
  • The NOVA classification system: A critical perspective in food science, in: Trends in Food Science & Technology 116, p. 603-608 (2021) Rodrigo Rodrigues Petrus et.al.
  • Sicherheit von Lebensmittelzusatzstoffen aus nationaler und EU-Sicht, in: Bundesgesundheitsbl (2010) R. Gürtler, Springer-Verlag
  • Artikel 6 der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 https://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2008:354:0016:0033:de:PDFExterner Link
  • Habitual daily intake of a sweet and fatty snack modulates reward processing in humans, in: CellMetabolism, Volume 25, Issue 4, p.571-584 (2023), Sharmili Edwin Thanarajah et.al.