Zwei Studierende nutzen die STANDYs
Wasserzeichen — vertikale, verschieden transparente Streifen bilden eine Tropfenform, deren Spitze nach links unten zeigt

Weniger Sitzen für mehr Gesundheit

Tipps für ergonomisches Lernen, Arbeiten und mehr Alltagsbewegung
Zwei Studierende nutzen die STANDYs
Foto: Alexandra Mincheva
  • Körperliche Gesundheit

Meldung vom: | Verfasser/in: Viktoria v. Kalm

Weniger Sitzen für mehr Gesundheit

Was genau ist eigentlich Ergonomie

Damit wir trotz intensivem Arbeits- und Lernalltag unserem Körper etwas Gutes tun und möglichst lange fit und gesund bleiben, ist es wichtig, einen genaueren Blick auf den Fachbereich der Ergonomie zu werfen. 
Ergonomie steht für die Lehre der menschlichen Arbeit, mit dem Ziel, die Arbeit an die physiologischen Bedürfnisse und Eigenschaften des Menschen anzupassen. In der Ergonomie wird die Schnittstelle von Mensch, Technik und Arbeit erforscht. Sind die ergonomischen Bedingungen gut, so wirken sie sich positiv auf Leistung und Motivation des Arbeitenden aus. 

Sitzen ist das neue Rauchen – warum zu viel sitzen schlecht für die Gesundheit ist

Dass man sich keinen Gefallen damit tut, einen acht Stunden Arbeitstag oder lange Lern- und Seminararbeitsnächte vor dem Bildschirm durchgehend sitzend zu verbringen, ist mittlerweile kein Geheimnis mehr. Dazu kommt dann häufig noch die Fahrt mit Bus, Bahn oder Auto, die man ebenso sitzend verbringt sowie der Abend auf der Couch, nach einem anstrengenden arbeitsreichen Tag. Anhand verschiedener Studien haben Forscher*innen herausgefunden, dass die Wahrscheinlichkeit für viele Krankheiten ansteigt, wenn man einen Großteil seines Alltags sitzend verbringt. Dabei handelt es sich nicht nur um Muskel-Skelett-Erkrankungen, wie chronische Rückenschmerzen, sondern auch das Risiko an Diabetes, Arteriosklerose, Bluthochdruck, einigen Krebsarten und sogar Depressionen zu erkranken, erhöht sich, wenn zu viel Zeit durchgehend in einer Sitzposition verbracht wird. 

Die beste Sitzposition ist die Nächste – der Wechsel macht’s! 

Die gesamte Arbeitszeit im Stehen zu verbringen und auch in Bus und Bahn krampfhaft auf den Sitzplatz zu verzichten, ist allerdings nicht unbedingt eine gute Idee. Es ist zwar definitiv sinnvoll, einen Teil seiner Arbeitszeit an einem Stehtisch zu verbringen – das Wichtigste für den Körper ist jedoch der stetige Wechsel der Position. Mindestens einmal die Stunde, am besten noch öfter sollte man seine Sitzposition ändern, alternativ im Stehen arbeiten oder ein paar Schritte laufen. Falls ihr grade in der ThULB lernt, könnt auch hin und wieder eine Weile auf den Walkolutions laufen – den Laufbändern ohne Strom, deren Laufgeschwindigkeit durch die eigene Körperkraft reguliert wird. Dabei könnt ihr ganz entspannt beim Arbeiten spazieren gehen. 
Insbesondere bei zu langem Sitzen kann es zu Muskelverkürzungen und -schwächen kommen, die sich in muskulären Dysbalancen äußern und neben Unbeweglichkeit auch einen höheren Gelenkknorpelverschleiß – also eine höhere Abnutzung der Gelenke zur Folge haben können. Der Pathophysiologe Christoph Anders, vom Uniklinikum Jena meint, grundsätzlich sei aber jede Zwangshaltung über längere Zeit schädlich. (Süddeutsche Juni 2016)

Kurzer Exkurs zur Bandscheibe

Vor allem unseren Bandscheiben sollten wir in diesem Zusammenhang Beachtung schenken. Zwischen den 24 Wirbeln der Wirbelsäule (7 Halswirbel, 12 Brustwirbel, 5 Lendenwirbel) sitzen die Bandscheiben. Sie bestehen aus einem äußeren Faserring und einem inneren Gallertkern. Während der äußere Ring zu einem großen Teil aus Faserknorpel besteht und recht stabil und zugfest ist, weist der innere Gallertkern eine deutlich weichere Substanz auf. Dies ist notwendig, damit er bei der Biegung der Wirbelsäule jeweils zur anderen Seite ausweichen und außerdem Alltagsbewegungen abdämpfen kann. Der Kern wird nicht über Blutgefäße oder Nerven mit Nährstoffen versorgt, sondern über die umliegende Gewebeflüssigkeit. Das Ganze kann man sich wie eine Art Schwamm vorstellen: Wird Druck auf die Bandscheibe ausgeübt, so wird die Flüssigkeit aus dem Kern herausgepresst. Im entlasteten Zustand nimmt der Kern wieder Flüssigkeit auf. Dieser Wechsel zwischen Be- und Entlastung und die damit einhergehende Wasserauf- und -abnahme ist der einzige Weg für die Bandscheibe mit Nährstoffen versorgt zu werden. Sitzt man viel, belastet den Rücken falsch oder hebt schwer aus einer ungünstigen Position, kann die Wahrscheinlichkeit für einen Bandscheibenvorfall steigen, da es durch diese Belastungen zu einem niedrigen Wassergehalt kommt und somit die Elastizität des Kerns sinkt. Werden die Bandscheiben dann besonders stark oder auch ruckartig belastet, kann der Kern durch den Faserring brechen und dabei schmerzhaft auf die Nerven im Rücken drücken – ein Bandscheibenvorfall. 

Tipps zum Ergonomischen Arbeiten – so geht’s

Wollen wir unseren Arbeitsplatz am Schreibtisch möglichst ergonomisch gestalten, sollten neben dem stetigen Wechsel der Arbeitsposition einige Grundprinzipien beachtet werden. Arbeitet man in der sitzenden Position, sind Stuhl-, Tisch- und Bildschirmposition auf die jeweilige Körpergröße anzupassen. Im besten Fall sind die Armlehnen verstellbar und die Rückenlehne besitzt einen Federmechanismus. Die Füße stehen fest auf dem Boden, die Oberschenkel liegen waagerecht oder leicht abfallend auf dem Sitzkissen, das Becken ist leicht nach vorne gekippt und die Schultern nach hinten unten gerollt. Der Nacken sollte grade gestreckt und nicht nach vorne eingerollt sein. Für den Bildschirm gilt, dass die Oberkannte nicht höher als maximal auf Augenhöhe eingestellt sein sollte. Die Schreibtischhöhe sollte im Idealfall an die Körpergröße angepasst sein – so dass zwischen Ober- und Unterarmen ein rechter Winkel ist und die Unterarme waagerecht zur Tastatur locker aufliegen können. 
Die Bildschirmeinstellung sowie der grade Nacken und die nach hinten unten gerollten Schultern gelten ebenso für die Körperhaltung im Stand. Achte im Stand zusätzlich noch darauf, die Knie nicht permanent durchzudrücken. 

Ergonomisches Arbeiten im Home-Office und beim Home-Studium

Wer durch Corona das Homeoffice für sich entdeckt hat, oder generell lieber zu Hause als in der Bibliothek lernt, hat bei ergonomischem Mobiliar oft das Nachsehen. Zwar ist man flexibler in der bewegten Pausengestaltung, indem man bspw. die Waschmaschine anstellt, eine Treppe läuft oder in der Mittagspause in der Küche steht. Damit hören die Vorteile allerdings häufig auf. Denn den Großteil der Arbeitszeit verbringt man oft in einer eher ungünstigen Körperhaltung – es sei denn, man hat ein gut ausgestattetes Bürozimmer eingerichtet. Ist statt dem höhenverstellbaren Schreibtisch oder dem perfekt angepassten Bürostuhl nur der Stuhl von Ebay Kleinanzeigen erschwinglich, ist der Wechsel der Arbeitsposition noch wichtiger. Eine Option wären hier auch die nachhaltigen Tischaufsätze vom SGM, die es bald in der ThULB und weiteren Teilbibliotheken gibt. Damit kannst du deinen Schreibtisch schnell und relativ kostengünstig in einen Steharbeitsplatz umwandeln.

Tipps zur Bewegungsförderung im Arbeits- und Studienalltag vor dem Bildschirm 

Ein paar Tipps, wie ihr mehr Bewegung in euren Arbeits- und Studienalltag bekommt, haben wir hier für euch gesammelt:

  • Treppe statt Aufzug nutzen
  • Drucker & andere Arbeitsutensilien nicht in Sitz- oder Greifnähe haben, sondern so weit entfernt, dass man zumindest aufstehen muss
  • Wenn möglich zu anderen Kollegen*innen ins Büro laufen, anstatt zu telefonieren oder E-Mails zu schicken (wenn diese nicht zu weit entfernt sind)
  • Beim Lernen in der Bibliothek auch mal die Plätze in den oberen Etagen (Treppen laufen) oder am anderen Ende des Raums nutzen
  • Bei Telefonaten stehen oder (wenn möglich) auch laufen, manche Meetings oder auch das Lernen in der Gruppe lassen sich auch mit einem Spaziergang kombinieren
  • Spaziergang in der Mittagspause, zwischen den Vorlesungen/Seminaren zu Fuß gehen, falls diese an verschiedenen Standorten sind
  • Kurze Dehneinheiten (geht auch vom Schreibtischstuhl aus)
  • Viel Trinken – ist nicht nur gesund, sondern fördert auch den Gang zur Toilette und somit zusätzliche Schritte
  • Bei schönem Wetter mit dem Fahrrad fahren, sonst das Auto ein Stück weiter weg parken und ein paar Meter mehr zum Büro laufen oder bei Bus & Bahn eine Station früher aussteigen

Auf unserem Instagram-Kanal gibt es eine Reihe weiterer Ideen für den ergonomischen Unialltag. Dort gibt es Tipps zur ergonomischen Arbeitsplatzgestaltung, ihr erfahrt, wie ihr die perfekte Unitasche auswählt und diese optimal für die Rückengesundheit packt, welche Angebote zur Förderung der Ergonomie es an der Uni Jena gibt, wie ihr ergonomische Pausen gestalten könnt und vieles mehr. Schaut gern vorbei!

 

Quellen:

  • Ergonomie am Büroarbeitsplatz; 2021; Melvin Mohokum, & Rolf Ellegast, in: Prävention und Gesundheitsförderung; Hrsg: Michael Tiemann, Melvin Mohokum; Verlag: Springer Reference Pflege – Therapie – Gesundheit, S. 683- 700
  • Sedentary behaviour and life expectancy in the USA: a cause-deleted life table analysis; 2012; Peter T Katzmarzyk,1 I-Min Lee; BMJ Open
  • Long-Term Sedentary Work and the Risk of Subsite-specific Colorectal Cancer; 2011; Terry Boyle, Lin Fritschi et. al.; in: American Journal of Epidemiology, Vol. 173, No. 10, S. 1183 -1191
  • Sitting-Time, Physical Activity, and Depressive Symptoms in Mid-Aged Women; 2013; Jannique G.Z. van Uffelen, Yolanda R. van Gellecum et.al.; in: American Journal of Preventive Medicine 45 (3); Published by Elsevier Inc; S. 276–281 & 2013
  • Stehtische im Büro: Ist Stehen gesünder als Sitzen? Stehen um jeden Preis? Süddeutsche Zeitung (2016) https://www.sueddeutsche.de/gesundheit/arbeitsmedizin-stehen-um-jeden-preis-1.3024836Externer Link
  • Im Büro: Stuhl und Schreib­tisch richtig einstellen (2022) https://www.tk.de/techniker/magazin/sport/gesunder-ruecken/ruecken-schreibtisch-richtig-einrichten-2009244Externer Link